Beispiel zum Adhäsionsverfahren / Hinweise zur Vermeidung von Verfahrensfehlern
Zum Sachverhalt
Im Rahmen eines ESD-Einsatzes kommt es zu Widerstandshandlungen durch einen Beschuldigten.
Im von betroffenen Polizeibeamten selbständig durchgeführten Adhäsionsverfahren vor dem Amtsgericht erfolgt eine Verurteilung des Angeklagten zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 300€ (60% des geforderten Betrages).
Nun entscheidet das Gericht aber, dass der betroffene Polizeibeamte als Opfer 40% der Kosten des Adhäsionsverfahrens sowie die notwendigen Auslagen in Höhe von 40% übernehmen soll.
Hier stellt sich natürlich die Frage, wie kann es sein, als Opfer 40% der Kosten übernehmen zu müssen.
Wie können solche Entscheidungen vermieden werden?
Interessant sind hier auch die
„Schmerzensgeldtabellen“ Hacks – Ring- Böhm
(beispielhaft auf diversen Seiten im Internet abrufbar)
Zu den Basics:
Def.:
Das Adhäsionsverfahren bietet dem Verletzten einer Straftat die Möglichkeit, einen gegen den Beschuldigten aus der Straftat entstandenen vermögensrechtlichen Anspruch (wie z.B. Schadensersatz oder Schmerzensgeld) bereits im Strafverfahren geltend zu machen.
(Quelle.: https://www.justiz.nrw.de/)
Es handelt sich um einen Schmerzensgeldanspruch aus §§823, 253 II BGB Ersatz des immateriellen Schadens
Voraussetzungen sind deliktische Handlungen, eine kausale Rechtsgutverletzung = Körperverletzung.
Die Höhe des Anspruchs ist eine Schätzung gem. §278 ZPO nach den Umständen
Es handelt sich um einen persönlichen Anspruch des Geschädigten, nicht des Landes mit einer Regelverjährung von 3 Jahren
Grds. je schwerer die Verletzung desto eher trifft ein normaler Zivilprozess ggf. mit RA zu.
Zu den Abläufen:
Antragsschrift
• Bei StA mit Anzeige einreichen
• Bis Hauptverhandlung (Beginn Schlussvorträge) möglich
• Absehen von Entscheidung:
– Antrag unzulässig, unbegründet (Freispruch)
– Nichteignung: starke Verzögerung droht
Zur Antragsschrift
• An das Amtsgericht/ die
Staatsanwaltschaft
• Bezifferter, bzw. unbezifferter Antrag
• Begründung
• Beweismittel
Fazit
Leichte – mittlere Verletzungen
Unstreitiges Verletzungsbild - pragmatisches Verfahren
Im Gespräch:
Hier unsere Fragen an Thore Tippe, den zuständigen Justiziar beim Landesverband der GdP
Wie begründet sich eine solche Entscheidung?
Dies spiegelt grds. die zivilrechtlichen Kostenregelungen wieder. Da ein Adhäsionsverfahren die Möglichkeit bietet, einen zivilrechtlichen Anspruch bereits im Strafverfahren geltend zu machen, ist dies die kostenrechtliche Konsequenz. In der Regel richtet sich die Kostentragungspflicht nach der Höhe des Obsiegens bzw. Unterliegens, gemessen am geltend gemachten Anspruch. Als Besonderheit ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller einen günstigeren Weg, als den eines gesonderten Zivilprozesses, gewählt hat. Die Kostenentscheidung folgt aus § 472a StPO.
Wie können solche Entscheidungen vermieden werden?
Bereits bei der Geltendmachung sollte die Höhe der Forderung besonders abgewogen werden. Gerade bei Körperverletzungen, deren Ausmaß subjektiven Empfindungen ausgesetzt ist (insb. bei Verletzungen des allg. Persönlichkeitsrechts), kommt es häufig zu Forderungen, welche nach der Rechtsprechung als zu hoch anzusehen sind, mit der Folge, dass der Antragsteller mit Kosten belastet wird.
Wie sollen zukünftig Kolleginnen und Kollegen vorgehen?
Bei Verletzungen, die nicht besonders schwer und umfangreich sind, ist das Adhäsionsverfahren eine hervorragende Möglichkeit, Schadensersatzansprüche auf einfachem Weg und sozusagen „in einem Abwasch“ geltend zu machen. Gerne unterstütze ich unsere Mitglieder im Vorfeld der Geltendmachung bei der Einschätzung der Höhe des geltend zu machenden Schmerzensgeldes, aber auch bei Formulierungen des Adhäsionsantrages.
Vielen Dank an Thore Tippe